„Neues Ehrenamt“ braucht neue Methoden
Das Ehrenamt erlebt einen tiefgreifenden Wandel. Immer mehr Engagement auf Zeit oder für bestimmte Projekte und immer weniger Bereitschaft, sich fest und langfristig in Vereins- oder Verbands-Strukturen zu organisieren. Weil aber bürgerschaftliches Engagement weiterhin unverzichtbar ist, muss sich die Betreuung von Ehrenamtlichen an die neuen Bedürfnisse anpassen. Das erste Treffen der Bürgermeister bzw. der kommunalen Ehrenamtsbeauftragten mit dem Fachbereich „Chancengerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe: Ehrenamt, Integration, Senioren und Sozialplanung“ am Landratsamt Passau stand daher ganz unter dem Zeichen des „Neuen Ehrenamtes“.
Fachbereichsleiterin Patrizia Hager ließ keinen Zweifel daran: „Unsere Gesellschaft wird im Kern durch das Ehrenamt am Laufen gehalten“. Beratung und Hilfe für Ehrenamtliche – und die, die es werden wollen - sei daher eine ebenso wichtige wie herausfordernde Aufgabe. Beim Treffen mit rund einem Dutzend Vertreter aus den Gemeinden im Landratsamt formulierte Landrat Raimund Kneidinger dabei eine der Kern-Herausforderungen. „Wir müssen verhindern, dass Ängste und Befürchtungen Menschen daran hindern, Verantwortung im Ehrenamt zu übernehmen.“ Wenn es etwa für Vereine immer schwieriger werde, Vorstands- und Funktionärs-Posten zu besetzen, sei das ein Alarmsignal.
Wie aber zum Ehrenamt animieren? Die Runde war sich einig, dass Beratung, Austausch untereinander und vor allem auch eine gelebte Anerkennungskultur hierbei wichtige Elemente seien. Patricia Hager verweis hier auf das Service-Angebot des Landratsamtes und auf Initiativen ihres Fachbereichs unter anderem zur verstärkten Ansprache von angehenden Ruheständlern oder die Werbung für das Ehrenamt bereits an den Schulen. Auch neue Kommunikationswege wie etwa Chat-Gruppen oder Apps gewännen immer mehr an Bedeutung. Als sehr wertvoll wurde der Hinweis aufgegriffen, verantwortliche Positionen in Vereinen doppelt zu besetzen. Damit fühlten sich potenzielle Bewerberinnen und Bewerber nicht auf sich alleine gestellt, sondern wissen: Wir arbeiten im Team.
Patrizia Hager informierte, dass die bisherige „Servicestelle Ehrenamt“ am Landratsamt in die „Koordinierungsstelle Bürgerschaftliches Engagement“ umgestaltet werde: Ein Beratungs- und Informationsangebot für ehrenamtlich Engagierte, unabhängig davon, ob diese in einem Verein engagiert oder ohne Vereinsbindung sind.
Beate Heindl vom Caritas-Diözesanverband betreut seit Jahrzehnten Ehrenamtliche und stellte in ihrem Impulsvortrag die Faktenlage des „neuen Ehrenamtes“ vor. Demnach gehe die Entwicklung klar zu „zeitlich begrenzten Phasen des bürgerschaftlichen Engagements“, die stark von der persönlichen Lebenssituation oder dem konkreten Projekt abhingen. „Die Zeiten jahrzehntelanger Bindung an einen Verein oder an eine Funktion sind immer mehr vorbei.“ Befragungen hätten auch eindeutig ergeben, dass der Spaß und die Freude am Ehrenamt am wichtigsten seien, dass Bürokratie und Haftungsfragen am meisten abschrecken und dass die Frage finanzieller Entschädigung nicht entscheidend sei. Ebenfalls ein Zeichen der geänderten Voraussetzungen für Ehrenamts-Betreuung: Immer mehr bürgerschaftliches Engagement finde außerhalb von Vereinen und Organisationen statt.
Über die wichtigste Botschaft in der Kommunikation mit und über das Ehrenamt waren sich die Teilnehmer einig: „Wer bürgerschaftliches Engagement zeigt, erhält auch sehr viel zurück, bereichert sein Leben immer neu mit wertvollen Erfahrungen und gestaltet die Gesellschaft mit.“