„Wilde Inseln in der Donau“: Eine Studie zeigt Wege zu mehr Raum für die Natur

29. April 2025: International besetztes Symposium auf Schloss Neuburg gibt Einblicke in Machbarkeitsstudie des Landkreises Passau – Lösungen im Spannungsfeld Natur/Wasserstraße
INSEL Auditorium Landkreissaal

Wie können Donau-Inseln so gestaltet werden, dass die Dynamik dieses einzigartigen Flusses gestärkt und der Wildnis wieder mehr Raum gegeben wird – und das im Spannungsfeld zur wirtschaftlichen Nutzung von Europas größter Wasserstraße? Der Landkreis Passau hat dazu im Rahmen des Interreg-Projektes „DANUBEparksCONNECTED“ eine Machbarkeitsstudie „Wilde Inseln in der bayerischen Donau“ erstellen lassen. Im Rahmen einer ganztägigen Informationsveranstaltung mit Symposium gaben Landrat Raimund Kneidinger und die Untere Naturschutzbehörde gemeinsam mit dem Verein DANUBEPARKS einen tiefgreifenden Einblick in die Ergebnisse der Studie und die Strategien zum Donauraum insgesamt.

Die international besetzte Veranstaltung ist auch als Appell gedacht, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Donau-Anrainer weiter fortzuführen und zu intensivieren. Zugleich, so der Landrat in seinem Eingangsstatement (siehe unten), zeige es auch das Selbstverständnis des Landkreises als Donau-Region, sich als aktives Mitglied im Verbund „DANUBEPARKS“ fachlich in den Diskurs um praxistaugliche Lösungen einzubringen. „Das ist für uns nicht Kür, sondern Pflicht“.

Landschaftsarchitekt Georg Kestel vom Büro „plan.werk landschaft“ (Deggendorf) skizzierte die zentralen Aussagen der vom ihm erstellten Studie, die sich auf den Donau-Abschnitt Neu-Ulm bis Jochenstein bezieht und aufgrund der Relevanz für den gesamten Donauraum über EU-Mittel aus dem INTEREG-Programm gefördert wurde. Demnach wurden nach der Erfassung des Ist-Zustandes der rund 360 Inseln im fraglichen Donau-Abschnitt auch etwa 80 Bereiche identifiziert, die für die Widerherstellung früher vorhandener Inseln in Frage kommen. Dabei ergaben sich zum „Idealbild“ einer Insel naturgemäß erhebliche Defizite, die zum großen Teil an der Staustufen-Regulierung der Donau liegen. Aber auch die freifließenden Abschnitte haben durch Uferfixierungen und fehlendes Geschiebe die Insel-Situation erheblich neugestaltet. Die Studie benennt auch das grundsätzliche Problem, dass auf den neu entstandenen Flächen (etwa in mittlerweile verlandeten Altwässern) eine ebenfalls hochwertige Tier- und Pflanzenwelt entstanden ist.

Wesentlich für die Wiederherstellung von Inseln ist es, der Donau wieder die Dynamik aus den unterschiedlichsten Wasserbewegungen, Pegelschwankungen etc. zu ermöglichen. Als zentrales Instrument dafür zählt die Studie u.a. den Rückbau von steinbewehrten Uferabschnitten auf.

Tagungsleiterin Susanne Bloch (Abteilungsleiterin am Landratsamt Passau) sowie Christiane Kotz, Sachgebietsleiterin der Unteren Naturschutzbehörde, machten deutlich, dass die Machbarkeitsstudie aus Sicht des Landkreises keinen Selbstzweck erfülle, sondern eine klare Bestimmung habe: Sie soll mit Leben gefüllt werden und es sollen Projekte daraus entstehen. Dazu bedarf es der richtigen Rahmenbedingungen, hier unter anderem die nötigen finanziellen Mittel, aber auch des Willens der Politik und der Bereitschaft von Behörden und Einzelpersonen, Projekte anzugehen, zu planen und umzusetzen. Susanne Bloch: „Hierzu soll der heutige Tag einen Beitrag leisten. Er soll Impulse setzen, in Erinnerung bleiben und den Teilnehmern das Handwerkszeug vermitteln, das ihnen das Ganze erleichtert. Es sollen Barrieren abgebaut werden und Ängste vor der Umsetzung von Projekten genommen werden.“ Hierzu dienten die Informationen, die die Teilnehmer erhalten, aber auch das Kennenlernen untereinander und der Austausch von Wissen und Erfahrungen.

Vlatko Rožac, Präsident von DANUBEPARKS, sprach u.a. die wichtige Rolle der einzelnen Mitglieder (der Landkreis Passau ist heuer seit zehn Jahren dabei) an (siehe dazu auch Statement unten).

Zentrales Thema für Dr. Alban Kisife (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit) war die RAMSAR Convention und hier vor allem die Bedeutung der Ramsar Regional Initiative für das Bundesministerium. Dr. Kisife schildert dabei seine Sicht, diese Initiative umzusetzen.

Dr. Ina Quick (Bundesamt für Naturschutz) skizzierte u.a. das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ (damit soll verstärkt in die Renaturierung von Bundeswasserstraßen und Auen investiert und neue Akzente in Natur- und Gewässerschutz, Hochwasservorsorge sowie Wassertourismus, Freizeitsport und Erholung gesetzt werden) und umreißt Möglichkeiten bzw. Adressaten des Programms. Christine Volk von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt erläutert u.a. die gesetzlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, die zu einer Verbesserung des ökologischen Zustands beitragen sollen.

Im Rahmen einer Talkrunde erläuterten Elena Kmetova-Biro (LIFE WILDisland Projektmanagerin), Christiane Kotz und Siegfried Geißler (Geschäftsführer Auenzentrum Neuburg/Donau) die grenzüberschreitenden Aktivitäten von DANUBEPARKS und die Motivation der Anrainer-Organisationen, an diesem Netzwerk mitzuarbeiten.

Der Impulsvortrag von Siegfried Geißler stellt die Bedeutung der Donau und die daraus entstehende Verantwortung der Anrainerstaaten in den Mittelpunkt. Dies gilt vor allem an der oberen Donau. Sein Vortrag ist auch ein Appell, etwas für den Fluss zu tun.  Dies ist zugleich der Einstieg in die Workshops mit den Themen „Ökologische Chancen und Herausforderungen der Donauinseln“, „Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen der Renaturierung“, „Planung und Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen anhand konkreter Beispiele“ und „Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten für Planung und Umsetzung“.

Statement Landrat Raimund Kneidinger

 In Sachen Naturschutz lohnt ein Blick in die Bayerische Verfassung, konkret Artikel 141. Da heißt es unter anderem:

Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist, auch eingedenk der Verantwortung für die kommenden Generationen, der besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen Gemeinschaft anvertraut.

Aber auch:  Der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur ist jedermann gestattet. Staat und Gemeinde sind berechtigt und verpflichtet, der Allgemeinheit die Zugänge zu Bergen, Seen, Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten freizuhalten.

Das heißt: Wir bewegen uns in einem immerwährenden Spannungsverhältnis. Unsere Aufgabe ist es, diese Interessen PROFESSIONELL und nicht EMOTIONAL gegeneinander abzuwiegen. Professionell heißt: Mit fachlicher Expertise und der Bereitschaft, aus Erfahrung zu lernen.

Damit sind wir genau beim Symposium „Wilde Inseln in der Donau“ auf Schloss Neuburg. Es geht um fachlichen Austausch auf hohem Niveau und um die Ideen, unsere Donau als Lebensader genau in diesem Spannungsfeld Mensch-Natur zu erhalten.

Für uns als Landkreis Passau ist das Engagement in diesem Bereich keine Kür, sondern Pflicht. Es ist gut, dass wir hier mit der Kompetenz und der Erfahrung unserer Unteren Naturschutzbehörde einen Beitrag leisten können. Und es ist auch gut, dass heute mit dieser hochkarätigen Veranstaltung Schloss Neuburg zur „Hochburg des Donau-Schutzes“ wird – auch wenn die Burg am Inn liegt.

Statement von   Vlatko Rožac, Präsident von DANUBEPARKS

 Sehr geehrte Damen und Herren,

ich darf Sie alle sehr herzlich willkommen heißen. Vorab ein großes Dankeschön an den Landkreis Passau für die Ausrichtung dieser wichtigen Veranstaltung.

Mein Name ist Vlatko Rozac, Präsident von DANUBEPARKS – Danube River Network of Protected Areas. Unser Netzwerk verbindet 20 Schutzgebiete entlang der Donau, von Deutschland ausgehend den weiten Weg entlang bis zum Donaudelta, wo die Donau in das Schwarze Meer mündet.

Die Donau ist wahrhaftig ein einzigartiger Fluss. Kein anderer Fluss der Erde fließt durch so viele Länder – insgesamt durchquert sie 10 Länder. Diese Tatsache stellt nicht nur eine natürliche Verbindung der Nationen dar, sondern erfordert auch eindeutig eine internationale Zusammenarbeit.

Die Natur kennt keine Grenzen. Alles ist miteinander verbunden.

Zum Beispiel verhindert das Kraftwerk „Eisernes Tor 1“ (das leistungsstärkste Laufkraftwerk in der Donau, liegt an der Grenze zwischen Serbien und Rumänien am Eisernen Tor) die Wanderung einzelner Störarten in die sich flussaufwärts befindlichen Länder. Andererseits betreffen alle Probleme der oberen Donau unabdingbar auch die Donau flussabwärts und somit letztendlich auch das Schwarze Meer.

Es freut uns besonders, dass unsere deutschen Partner, der Landkreis Passau, der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen und die Stadt Ingolstadt, die Bedeutung unserer gemeinsamen Bemühungen zum Schutz der Donau, erkannt haben. Wir hoffen sehr darauf, dass sich in naher Zukunft bald noch mehr deutsche Partner unserem DANUBEPARKS –Netzwerk anschließen werden.

STICHWORT

DANUBEPARKS - das Netzwerk der Donauschutzgebiete

Die Donau ist ein internationaler Fluss, kein anderer Strom fließt durch so viele Länder. Trotz schwerwiegender menschlicher Eingriffe ist der Fluss bis heute von überregionaler Bedeutung für den Schutz der Artenvielfalt in Südosteuropa und stellt einen europaweit bedeutenden Naturraum dar. Die zahlreichen Schutzgebiete an der Donau sind wichtige Akteure für deren Schutz und donauweit mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert.

2007 startete der Prozess zur Gründung eines Netzwerks der Donauschutzgebiete. Im Rahmen von zwei vom EU-Programm ETZ-Südosteuropa geförderten Projekten sowie einem Folgeprojekt unter Förderung im EU-Programm Interreg Danube Transnational Programme wurde die Zusammenarbeit sukzessive ausgebaut.

Die jahrelange intensive Arbeit mündete im August 2014 in die Gründung des Vereins DANUBEPARKS zur langfristigen Sicherung der Zusammenarbeit. Ziele sind die Optimierung des Naturraummanagements durch Wissenstransfer, die Entwicklung gemeinsamer Schutzkonzepte, die Stärkung der internationalen politischen Stimme der Schutzgebiete durch donauweite Strategien sowie die Umsetzung beispielhafter Pilotprojekte. Die Themen der Zusammenarbeit sind so breit gefächert wie die lokalen Aufgaben der Schutzgebiete: Von Flussrevitalisierung über Schutz von Lebensräumen oder Leitarten, von Monitoring bis hin zu Umweltbildungsangeboten.

Seit Anfang 2015 ist der Landkreis Passau Mitglied bei DANUBEPARKS.

Im Frühling 2024 übersiedelte das DANUBEPARKS Büro von den Räumlichkeiten der Verwaltung des Nationalpark Donau-Auen in Orth/Donau in das DANUBEPARKS Sekretariat in Kopačevo, Kroatien.

Mittlerweile ist DANUBEPARKS ein wichtiger Partner sowohl für die EU-Donauraumstrategie EUSDR als auch für die internationale Donauschutzkommission (ICPDR). Netzwerke aus anderen Sektoren, wie NEWADA Duo (Netzwerk der Wasserstraßengesellschaften) und DCC (Danube Competence Center, Tourismus) kooperieren eng mit den Schutzgebieten, um integrative Lösungen zu finden. Ebenso zählen große Naturschutzakteure wie WWF Donau-Karpatenprogramm oder BirdLife International zu den Partnern.

INSEL Auditorium Landkreissaal
INSEL Landrat Raimund Kneidinger
INSEL DANUBEPARKS-Präsident Vlatko Rozac
INSEL Workshop 4
INSEL Workshop 1
INSEL Workshop 3
INSEL Workshop 2
INSEL Moderatorin Steffi Starke
INSEL Impulsvortrag Siegfried Geißler
INSEL Georg Kestel
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INSEL Impr a
INSEL Talkrunde
INSEL Hauptakteure