Gerd Sonnleitner

Kreistag beschloss höchste Ehrung, die der Landkreis vergeben kann – Landrat Franz Meyer würdigt den Ruhstorfer als „weltweiten Botschafter des Passauer Landes“


Passau. Der Landkreis Passau wird einen neuen Träger des Ehrenrings haben: Der Kreistag beschloss in nicht öffentlicher Sitzung, den ehemaligen Präsidenten des Europäischen, Deutschen und Bayerischen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner (Ruhstorf), mit der höchsten Auszeichnung zu ehren, die der Landkreis vergeben kann. Die Würdigung erfolgt auf Anregung von Landrat Franz Meyer bzw. einer Empfehlung des Ehrenbeirates des Landkreises.

Die Statuten für die Verleihung des Ehrenrings für besondere Verdienste um den Landkreis Passau sind klar geregelt: Die Anzahl der lebenden Ehrenringträger darf die Zahl von 15 nicht überschreiten. Derzeit sind Ehrenringträger: Erhard Bayer, Maria Feldl, Robert Muthmann, Dr. Karl August Friedrich, Heinz Hermann Thiele, Hanns Dorfner und Dr. Klaus Rose. Der Ehrenring wurde seit seiner Einführung 1987 insgesamt 27 Mal vergeben. Die letzte Verleihung war 2013 an Dr. Klaus Rose.

Gerd Sonnleitner war Präsident des Europäischen, des Deutschen und des Bayerischen Bauernverbandes. Als sein Lebenswerk ist die Präsidentschaft des Bayerischen Bauernverbandes von 1991 bis 2012 zu sehen.
Den Grundstein für seine Funktionen in den landwirtschaftlichen Spitzenverbänden bis hin zum Präsidenten des Europäischen Bauernverbandes hat er 1977 als Ortsobmann des Ortsverbandes Ruhstorf a.d. Rott im Bayerischen Bauerverband Geschäftsbereich Passau gelegt. Obwohl er bereits 1991 Präsident des Bayerischen Bauernverbandes wurde und 1994 auch die Position als Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes übernommen hat, blieb er bis 1996 Ortsobmann im Ortsverband Ruhstorf a.d. Rott. Dies zeigt die enge Verwurzelung mit der Region. Landrat Franz Meyer: „Diese enge Verbindung mit seiner Heimat hat Gerd Sonnleitner auch während seiner jahrzehntelangen überregionalen Funktionärstätigkeit nie aufgegeben. Er war und ist damit ein weltweiter Botschafter des Passauer Landes.“

Aus der Begründung für die Ehrenring-Trägerschaft:

Gerd Sonnleitners Credo in all seinen Funktionen war immer, dass die Land- und Forstwirtschaft ein Wirtschaftsbereich mit außerordentlichen Zukunftschancen ist, die es zu nutzen gilt. So sehr er auf der einen Seite den Erhalt und die Pflege von Tradition und Brauchtum unterstützte, so wichtig war es ihm auf der anderen Seite, auch für notwendige Veränderungen zu werben. Die Einführung von Qualitätssicherungsprogrammen in der Landwirtschaft, die Förderung von Erzeugerzusammenschlüssen, die Weiterentwicklung der Eigenverantwortung bei den bäuerlichen Betrieben, die Stärkung eines breitgesteuerten Eigentums oder eine fachlich fundierte, praxisorientierte Ausbildung der Jugend waren Leitgedanken seines agrarpolitischen Wirkens. Nach seinem Verständnis muss zunächst jeder für sich, für seine Familie und für seinen Betrieb die persönlichen und betrieblichen Herausforderungen mit eigener Initiative und Kreativität annehmen. Dazu gehört die ständige Bereitschaft, sich dem Markt zu stellen und laufend an den dafür notwendigen Voraussetzungen im Rahmen der eignen Möglichkeiten zu arbeiten. Dies stand in vielen seiner Reden und Diskussionen im Mittelpunkt.

Eines der wichtigsten Projekte Sonnleitners war es, die Landwirte für einen gangbaren Weg auf den europäischen Markt vorzubereiten, denn in einer Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft können sich die landwirtschaftlichen Betriebe nicht allein auf den Staat verlassen. Mit dieser Grundüberzeugung für eine soziale Marktwirtschaft hat Gerd Sonnleitner in Bayern, auf deutscher Ebene und vor allem auf europäischer Ebene dafür geworben, die Ende der 80er Jahre beschlossene Marktöffnung der Europäischen Union gegenüber dem Weltmarkt nicht nur als Gefahr, sondern auch als Chance für die Bauernfamilien zu begreifen.

Als Präsident war sich Gerd Sonnleiter immer bewusst, dass die Entwicklung in der Land- und Forstwirtschaft zu Betriebs- und Produktionsformen geführt hat, deren Interessen nicht immer identisch sind. Entsprechend kontrovers waren auch die Erwartungen an den eigenen Berufsverband, aber auch an die Gesellschaft. Es ist ein ganz wesentlicher Verdienst von Gerd Sonnleitner, dass es ihm immer gelungen ist, die auseinanderlaufenden Interessen zu integrieren und zusammenzuführen. Letztlich ist dies auch ein Ergebnis seiner großen Überzeugungskraft. Dass er dabei auch auf Kritik gestoßen ist, war in seinen Augen eine zwangsläufige Konsequenz.

Gerd Sonnleitner hat sich nie als „Funktionär“ verstanden und verhalten, der nur verbandsorientierte Interessen transportiert und dogmatische Forderungen artikuliert.
Er verstand es mit Augenmaß, das politisch Mögliche und Durchsetzbare einzuschätzen. Nach seiner Auffassung hat die Politik auf regionaler, nationaler wie auf europäischer Ebene für Rahmenbedingungen zu sorgen, die den Landwirten ermöglichen erfolgreich ihre Betriebe zu führen. Das braucht eine Politik der Glaubwürdigkeit, der Verlässlichkeit und des Vertrauens. Das hat Gerd Sonnleitner von Anbeginn seiner öffentlichen Ämter eingefordert und auch selbst gelebt.

Immer hatte er die bäuerliche Basis seiner Heimatregion im Blick und er hat nie den Bezug zur Praxis verloren. Ihm war stets bewusst, dass seine Weichenstellungen in der Agrarpolitik auch unmittelbare Auswirkungen auf sein persönliches Umfeld und die heimischen Betriebe haben. Er war vor Ort, wenn Streitthemen wie Maiswurzelbohrer, Blauzungenkrankheit, Milchquote etc. ausgetragen wurden.

Er war der erste praktizierende Landwirt in der Geschichte des Deutschen Bauernverbandes, als er 1991 in dieses Amt gewählt wurde. Während seiner gesamten Funktionärslaufbahn gab der seinen traditionsreichen Hof in Ruhstorf a.d. Rott nicht auf.

In seiner aktiven Zeit hat Gerd Sonnleitner immer größten Wert auf die direkte Beziehung und Nähe zu den Landwirten und vor allem der Landjugend gelegt.
Als Absolvent der Höheren Landbauschule in Rotthalmünster ist er dieser Einrichtung noch immer verbunden und stellte sich regelmäßig der Diskussion mit den jungen Landwirten und Landwirtinnen.

Darüber hinaus ist es ihm gelungen, in der nationalen und internationalen Agrar-, Umwelt-, und Wirtschaftspolitik zum gefragten Gesprächspartner und Ratgeber zu werden. Seine sachlichen, klaren und glaubwürdigen Ziele wurden gehört und haben überzeugt. Und dies nicht nur in den Kreisen der Landwirtschaft, sondern auch im Dialog mit anderen Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppen sowie den Kirchen und auch der Landwirtschaft kritisch gegenüberstehenden Gruppen. In den Medien gilt Präsident Sonnleitner nach wie vor als glaubwürdiger und anerkannter Repräsentant der Landwirtschaft.

Man kann ihn wohl zu Recht als „die Stimme der Landwirtschaft“ bezeichnen. Damit war er auch immer ein Fürsprecher des ländlichen Raums und Botschafter Bayerns, Niederbayerns und seines Heimatlandkreises Passau in Deutschland und in Europa.

Gerd Sonnleitner hat mit seiner Agrarpolitik auf bayerischer, deutscher und europäischer Ebene dafür gesorgt, dass im Landkreis Passau – ebenso wie in vielen bayerischen Regionen - die Landwirtschaft ein maßgeblicher Wirtschaftsfaktor ist, der auch in Zukunft Bestand hat und die bäuerlichen Betriebe nach wie vor unseren Kultur- und Landschaftsraum prägen. Nicht zuletzt ist dies auch die Grundlage für eine erfolgreiche Natur- und Tourismusregion.

Seine tiefe Verbundenheit mit dem Landkreis Passau zeigen auch die Ämter, die er in der Region wahrgenommen hat, auch noch dann, als er bereits Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (1991) war:

Kommunalpolitik:
1972 bis 1993 Gemeinderat in Ruhstorf a.d. Rott
1990 bis 1992 2. Bürgermeister der Gemeinde Ruhstorf a. Rott
1990 bis 1995 Kreisrat des Landkreises Passau

Bayerischer Bauernverband:
1977 bis 1996 Obmann des Ortsverbandes Ruhstorf a.d. Rott
1987 bis 1992 Kreisobmann des Kreisverbandes Passau

Übersicht der wichtigsten überregionalen Funktionen:

Bayern:
1991 bis 2012 Präsident des Bayerischen Bauernverbandes
1992 bis 1999 Senator

Deutschland:
seit 1991 Mitglied des Präsidiums der Deutschen Bauernverbandes
1997 bis 2012 Präsident des Deutschen Bauernverbandes

Europa:
2001 bis 2003 Präsident des Europäischen Bauernverbandes
2007 bis 2011 Vizepräsident des Europäischen Bauernverbandes
2011 bis 2013 Präsident des Europäischen Bauernverbandes
seit 2013 Ehrenpräsident des Europäischen Bauernverbandes
2014 Berufung zum UN-Sonderbotschafter für das „Internationale Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe“

Übersicht der wichtigsten Auszeichnungen:
1997 Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
1999 Bayerischer Verdienstorden
2005 Bayerische Verfassungsmedaille in Silber
2012 Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
2012 Staatsmedaille in Gold für besondere Verdienste auf dem Gebiet der Ernährungs-, Land- und Forstwirtschaft
2016 Europamedaille