Maria Feldl († 16.07.2024)

Der Kampf für berufliche Bildung ist Maria Feldls Lebenswerk

Vilshofenerin war Mitbegründerin mehrerer Schulen in Niederbayern − Durch ihr Engagement eröffnete sie vielen Frauen neue Perspektiven

Von Birthe Bruhns

 

Vilshofen. Ihr Beruf war für Oberstudienrätin a.D. Maria Feldl (78) mehr als nur eine Verdienstmöglichkeit. „Er war für mich eine Berufung", sagt die ehemalige Schulleiterin mit dem wachen Blick. Die Vilshofenerin hat sich dafür eingesetzt, jungen Menschen im strukturschwachen Niederbayern Möglichkeiten zur beruflichen Bildung zu eröffnen. Für ihr Engagement erhielt sie 1991 den Ehrenring.

„Ich wollte schon immer Lehrerin werden"

„Die meisten meiner Schülerinnen waren Bauerntöchter ohne berufliche Chancen", erzählt Feldl. „Ich weiß noch, wie eine meiner Schülerinnen plötzlich anfing zu weinen." Das sei kein Leben, habe das Mädchen gesagt. Sie gehe in die Fabrik und bekomme gerade mal hundert Euro. Daheim heiße es, sie brauche nichts zu lernen. Sie heirate sowieso. „Das war ein Schlüsselerlebnis für mich", sagt Feldl. „Mir war klar, dass da etwas geschehen musste. Berufliche Bildung ist wichtig: Sie macht selbstbewusst, unabhängig und ermöglicht Weiterbildung". Vielen ihrer Schülerinnen erging es wie dem weinenden Mädchen. Kaum eine hatte eine Lehrstelle.

Wie sie sich ohne berufliche Perspektiven fühlten, wusste Feldl aus eigener Erfahrung. „Ich wollte schon immer Lehrerin werden", erzählt sie. Aber die Vollwaise, Tochter eines Bauern aus Fürstenzell, konnte die Lehrerbildungsanstalt in Passau wegen fehlender Busverbindungen nicht erreichen. Außerdem führten Nationalsozialisten die Schule. Von ihnen wollte sich die in der katholischen Jugend aktive Feldl nicht ausbilden lassen. So kam es, dass die gelernte Hauswirtschafterin erst mit 18 Jahren ihre Volksschullehrer-Ausbildung begann.

Anfang der 60er Jahre erhielt sie überraschend einen Brief von der Regierung: Sie sollte Berufsschullehrerin werden. „Die berufliche Bildung bestand damals aus etwa vier Unterrichtsstunden, die eine Volksschullehrerin einmal pro Woche gab. Das sollte sich ändern", erzählt Feldl. Als ausgebildete Hauswirtschafterin, die zwei Jahre zu Hause in der Landwirtschaft gearbeitet hatte, brachte die junge Lehrerin wesentliche Qualifikationen für das Studium mit. Wenige Jahre nach Berufsbeginn übernahm sie 1964 die Schulleitung der landwirtschaftlichen Berufsschule in Vilshofen.

Bereits drei Jahre später war sie Landesvorsitzende des Berufsschullehrer-Verbandes, Fachrichtung Landwirtschaft-Hauswirtschaft. So erfuhr sie auf einer Tagung des Bundesrings der Berufsschullehrer, dass es in Niedersachsen Berufsfachschulen gab. Ein Schultyp also, der helfen könnte, die Probleme im strukturschwachen Niederbayern zu lösen: Die Ausbildung erfolgte vollständig in der Schule, ganz ohne Lehrstellen. Zurück in Vilshofen überzeugte Feldl die Kreisräte: 1969 entstand die erste staatliche Berufsfachschule für Hauswirtschaft und Kinderpflege in Vilshofen. Auf Initiative von Feldl wurde sie wegen der großen Nachfrage zum Internat ausgebaut. Seit den 60er Jahren bis zu ihrer Pensionierung 1991 wirkte sie an der Einrichtung verschiedener Berufsfachschulen mit: die Landwirtschaftliche in Osterhofen, die für Diätassistenten in Vilshofen, die für Sozialpflege in Vilshofen. In den Siebziegern sorgte sie dafür, dass in Vilshofen die erste Fachakademie für Hauswirtschaft in Niederbayern entstand und bis 1991 schob sie das Projekt Fachschule für Glasbautechniker in Vilshofen mit an.

Der Ehrenring liegt im Nachtkasterl

Trotz ihrer Verdienste um die Region sieht sie den Ehrenring nicht als Auszeichnung ihrer Person: „So etwas kann einer alleine nicht schaffen. Da haben viele mitgewirkt. Außerdem braucht man den Segen von oben." Für Feldl geht es um die Sache selbst: „Der Ehrenring ist für mich eine wichtige Würdigung der beruflichen Bildung." Deshalb bewahrt sie ihn auch mit dem Wertvollsten auf, das sie hat: Neben ihrem Schmuck hat der Ring seinen Platz im Nachtkasterl.